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Quelle:

Bundesfinanzhof
Art des Dokuments: Urteil
Datum: 24.02.2000
Aktenzeichen: III R 59/98

Vorinstanz:

FG Münster
Art des Dokuments: Urteil
Datum: 01.10.1998
Aktenzeichen: 12 K 6280/97 E,G

Schlagzeile:

Steuerliche Ein-Prozent-Regelung für private Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs nicht verfassungswidrig

Schlagworte:

Ein-Prozent-Regelung, Entnahme, Fahrtenbuch, Firmenwagen, Kraftfahrzeug, Privat, Verfassung

Wichtig für:

Freiberufler, Gewerbetreibende

Kurzkommentar:

Die Regelung in § 6 Abs. 1 Nr. 4 Sätze 2 und 3 EStG, wonach die private Nutzung eines betrieblichen Kfz für jeden Kalendermonat mit 1 Prozent des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung (zuzüglich Sonderausstattungen einschließlich Umsatzsteuer) anzusetzen ist, wenn nicht u.a. das Verhältnis der privaten zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen wird (sog. Ein-Prozent-Regelung), verstößt nicht gegen das Grundgesetz, sondern hält sich im Gestaltungsspielraum des Steuergesetzgebers bei Typisierungen.

Hintergrund: Nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) ist die private Nutzung eines betrieblichen Kfz für jeden Kalendermonat mit 1 Prozent des inländischen Listenpreises des Fahrzeugs im Zeitpunkt der Erstzulassung (zuzüglich Sonderausstattungen einschließlich Umsatzsteuer) anzusetzen, wenn kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen wird (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Sätze 2 und 3 EStG). Der BFH entschied, dass diese Ein-Prozent-Regelung nicht gegen das Grundgesetz verstößt, sondern sich im Gestaltungsspielraum des Steuergesetzgebers bei Typisierungen hält.

Der Entscheidung des BFH lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger, ein selbständiger Unternehmer, hatte ein von ihm auch privat genutztes betriebliches Kfz vom Typ Mercedes-Benz 250 D im Jahre 1991 gebraucht mit einer Laufleistung von ca. 10 000 Kilometern (km) zum Preis von 50.600 DM einschließlich Umsatzsteuer gekauft. Der Listenpreis für ein Neufahrzeug gleicher Art und Ausstattung belief sich auf 52.383 DM einschließlich Umsatzsteuer. Im Kalenderjahr 1996 (Streitjahr) erreichte die Gesamtfahrleistung des Kfz ca. 15 000 km. Hiervon entfielen nach Angaben des Klägers ca. 2 200 km auf Privatfahrten. Der Kläger führte kein Fahrtenbuch. Er setzte steuerlich den privaten Nutzungswert des Kfz für 1996 mit 2.998 DM an, was rund 50 Prozent der von ihm ermittelten Gesamtkosten des Kfz in diesem Jahr entsprach. Das Finanzamt berücksichtigte dagegen den privaten Nutzungswert des Kfz für 1996 mit 6.240 DM (1 Prozent von 52.000 DM x 12 Monate) und erhöhte deshalb den erklärten Gewinn des Klägers. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Der BFH wies die Revision des Klägers zurück. Er folgte den verfassungsrechtlichen Bedenken des Klägers gegen die Ein-Prozent-Regelung nicht.

Bei der Ein-Prozent-Regelung handelt es sich nach Auffassung des BFH um eine verfassungsrechtlich zulässige Typisierung durch den Steuergesetzgeber. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts habe der Gesetzgeber bei den im Steuerrecht zur Ordnung von Massenerscheinungen häufig anzutreffenden Typisierungen einen weiten Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum. Dieser Spielraum des Gesetzgebers sei besonders weit bei einer widerlegbaren Typisierung wie der Ein-Prozent-Regelung, die der Steuerpflichtige nicht gegen sich gelten lassen müsse, wenn er den tatsächlichen Sachverhalt nachweise. Dabei sei zu berücksichtigen, dass bei der Abgrenzung betrieblicher von den privaten Aufwendungen den Steuerpflichtigen eine erhöhte Mitwirkungspflicht treffe. Diese erhöhte Mitwirkungspflicht konkretisiere sich bei der Ermittlung des betrieblichen Aufwandsanteils für das auch privat genutzte betriebliche Kfz in dem Nachweiserfordernis durch ein Fahrtenbuch. Es sei nicht ersichtlich, wie anders als durch ein Fahrtenbuch der in engem Zusammenhang mit der privaten Lebensführung stehende betriebliche Aufwandsanteil von den Finanzbehörden zuverlässig nachprüfbar sein sollte. Der BFH habe daher schon seit 1963 in ständiger Rechtsprechung die Führung eines Fahrtenbuchs als einen geeigneten Nachweis für den betrieblichen Aufwandsanteil angesehen.

Nicht entschieden, sondern ausdrücklich offen gelassen hat der BFH u. a. die Frage, welche Folgerungen zu ziehen sind, wenn ein Steuerpflichtiger zwar ein Fahrtenbuch geführt hat, dieses aber z.B. wegen geringer Mängel nicht ordnungsgemäß ist.

Hinweis: Mit der Frage, ob durch eine erst im Jahr 1999 gefertigte Aufstellung über die im Streitjahr 1996 zurückgelegten Fahrten das Verhältnis der privaten zu den übrigen Fahrten nachgewiesen werden kann, hatte sich zeitgleich der IV. Senat des BFH zu befassen - allerdings lediglich in einem Beschwerdeverfahren wegen Aussetzung der Vollziehung (sog. summarisches Verfahren).

Im Beschluss vom 24. Februar 2000 IV B 83/99 hat der BFH die Auffassung vertreten, dass "ein solches Fahrtenbuch" ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Einkommensteuerbescheids begründen könne, der auf der Grundlage der Ein-Prozent-Regelung ergangen sei. Der BFH betont aber, dass die Rechtsfrage, was unter dem Begriff des ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG zu verstehen ist (insbesondere, ob die Aufzeichnungen zeitnah zu erfolgen haben oder nachträglich vorgenommen werden können und ob Mängel dieser Aufzeichnungen das Finanzamt nur zu Schätzung berechtigen oder aber zur Anwendung der Typisierungsregelung des § 6 Abs. 1. Nr. 4 Satz 2 EStG zwingen), nicht in diesem Verfahren endgültig geklärt werden könne, sondern dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleibe.

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