Quelle: |
Bundesfinanzhof |
Art des Dokuments: | Urteil |
Datum: | 06.11.2001 |
Aktenzeichen: | IX R 97/00 |
Vorinstanz: |
FG Schleswig-Holstein |
Art des Dokuments: | Urteil |
Datum: | 14.09.2000 |
Aktenzeichen: | III 1552/97 |
Schlagzeile: |
Neue Grundsätze zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung von Ferienwohnungen
Schlagworte: |
Ferienwohnung, Liebhaberei, Prognosezeitraum, Totalüberschuss, Überschusserzielungsabsicht
Wichtig für: |
Eigenheimbesitzer, Vermieter
Kurzkommentar: |
Bei einer Ferienwohnung, die der Steuerpflichtige nicht selbst nutzt, sondern ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermietet und in der übrigen Zeit hierfür bereithält, ist ohne weitere Prüfung von dem Vorliegen einer Überschusserzielungsabsicht auszugehen. Dabei ist es unerheblich, ob die Ferienwohnung in Eigenregie vermietet oder ein Dritter mit der Vermietung beauftragt wird.
Wird hingegen eine Ferienwohnung teils selbst genutzt und teils an wechselnde Feriengäste vermietet, ist im Einzelfall zu prüfen, ob der Steuerpflichtige eine Einkunftserzielungsabsicht hat. Dies ist nur dann zu bejahen, wenn sich anhand einer regelmäßig für einen Zeitraum von 30 Jahren durchzuführenden Prognose ein sog. Totalüberschuss der geschätzten Einnahmen über die Ausgaben ergibt. Hat der Steuerpflichtige bereits beim Erwerb einer Ferienwohnung deren später vorgenommenen Verkauf ernsthaft in Betracht gezogen, ist der Prognose der kürzere Zeitraum der tatsächlichen Vermögensnutzung zugrunde zu legen.
Eine Totalüberschuss-Prognose ist auch dann erforderlich, wenn der Steuerpflichtige sich (z.B. bei der Vermietung durch einen Dritten) vorbehalten hat, die Ferienwohnung auch selbst zu nutzen, und zwar unabhängig davon, ob die Ferienwohnung in der zur Selbstnutzung vorbehaltenen Zeit tatsächlich zur privaten Erholung genutzt wurde oder leer stand.
Wird eine Ferienwohnung teils selbst genutzt und teils an wechselnde Feriengäste vermietet, sind die auf die Leerstandszeiten entfallenden Aufwendungen entsprechend dem zeitlichen Verhältnis der tatsächlichen Selbstnutzung zur tatsächlichen Vermietung aufzuteilen.
Lässt sich der Umfang der - neben einer tatsächlichen Fremdvermietung gegebenen - Selbstnutzung nicht feststellen, sind die auf die Leerstandszeiten entfallenden Aufwendungen zu je 50 Prozent der Selbstnutzung und der Vermietung zuzuordnen.
Durch die Vermietung veranlasste kurzfristige Aufenthalte des Steuerpflichtigen in der Ferienwohnung (z.B. zur Endreinigung, Schlüsselübergabe, Beseitigung von Schäden) sind keine Selbstnutzung.
Wichtiger Hinweis: Das Urteil enthält detaillierte Vorgaben zur Durchführung der Prognoserechnung.
Hintergrund: Die einkommensteuerrechtliche Behandlung von Ferienwohnungen hat immer wieder zu Streitfragen zwischen den Steuerpflichtigen und der Finanzverwaltung geführt, insbesondere zu der Frage, ob eine zu längerfristigen Werbungskostenüberschüssen (Verlusten) führende Nutzung steuerrechtlich zu berücksichtigen oder als unbeachtliche Liebhaberei zu beurteilen ist.
Hinweis: Der IX. Senat des Bundesfinanzhofs hat in mehreren Entscheidungen vom 6. November 2001 neue Grundsätze zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung von Ferienwohnungen entwickelt. Bei dem Verfahren IX R 97/00 handelt es sich um die sog. Leitentscheidung. Die anderen – nicht veröffentlichten – Verfahren haben die folgenden Aktenzeichen: IX R 34/97, IX R 84/97, IX R 38/98, IX R 2/99, IX R 43/99, IX R 44/99, IX R 51/99, IX R 63/99, IX R 25/00, IX R 26/00, IX R 27/00, IX R 35/00, IX R 64/00 und IX R 85/00.