Quelle: |
Finanzgericht Hamburg |
Art des Dokuments: | Urteil |
Datum: | 24.07.2002 |
Aktenzeichen: | VI 115/01 |
Schlagzeile: |
Darlehensvertrag mit minderjährigen Kindern erfordert Einschaltung eines Ergänzungspflegers, aber keine vormundschaftliche Genehmigung
Schlagworte: |
Darlehen, Ergänzungspfleger, Gestaltungsmissbrauch, Verträge mit Angehörigen, Vormund
Wichtig für: |
Alle Steuerzahler
Kurzkommentar: |
Ein Darlehensvertrag mit minderjährigen Kindern erfordert die Einschaltung eines Ergänzungspflegers. Eine vormundschaftliche Genehmigung der Willenserklärung des Ergänzungspflegers darf das Finanzamt jedoch nicht verlangen.
Zwar sieht § 1822 Nr. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) eine Genehmigungspflicht vor, wenn das Mündel Rechtsgeschäfte über sein Vermögen im ganzen abschließen will. Ein Darlehensvertrag ist jedoch kein derartiges Geschäft. § 1822 Nr. 1 BGB betrifft nur Geschäfte, die „das Vermögen“ ohne nähere Eingrenzung, also in „Bausch und Bogen“ betreffen. Rechtsgeschäfte, die einen bestimmten Vermögensgegenstand bezeichnen, sind - selbst wenn dieser Vermögensgegenstand das gesamte Vermögen des Verfügenden darstellen sollte - von der Genehmigungspflicht ausgenommen.
Hintergrund: Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs werden Verträge zwischen Angehörigen der Besteuerung nur dann zugrunde gelegt, wenn der Vertrag zivilrechtlich wirksam ist, im Vorhinein, das heißt vor Beginn des Leistungsaustausches, abgeschlossen wurde, tatsächlich vereinbarungsgemäß durchgeführt wird und nach Inhalt und Ausführung dem entspricht, was zwischen Fremden üblich ist.
Bei den vorgenannten Kriterien handelt es sich nach neuerer Rechtsprechung jedoch nicht um Tatbestandsmerkmale, sondern um Indizien, die im Rahmen der ausschlaggebenden Frage nach der Ernstlichkeit der Vereinbarung zu prüfen sind. Entscheidend ist eine Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls, die ergeben muss, dass ein ernsthafter Bindungswille der Angehörigen zweifelsfrei festgestellt werden kann und nicht private Unterhaltsleistungen oder sonstige verwandtschaftlich motivierte Zuwendungen aus steuerlichen Gründen in die Form eines Vertrags gekleidet werden. Darüber hinaus darf die gewählte Gestaltung auch nicht rechtsmissbräuchlich sein.