Quelle: |
Bundesfinanzhof |
Art des Dokuments: | Urteil |
Datum: | 14.10.2003 |
Aktenzeichen: | VIII R 56/01 |
Vorinstanz: |
FG Nürnberg |
Art des Dokuments: | Urteil |
Datum: | 23.03.2000 |
Aktenzeichen: | VII 268/1999 |
Schlagzeile: |
Rückforderung von Kindergeld verstößt nur ausnahmsweise gegen Treu und Glauben
Schlagworte: |
Änderung, Berufsausbildung, Illoyale Rechtsausübung, Kindergeld, Rückforderung, Rückwirkung, Treu und Glauben, Unterbrechung
Wichtig für: |
Familien
Kurzkommentar: |
Der Grundsatz von Treu und Glauben steht der Rückforderung zuviel gezahlten Kindergeldes nicht bereits dann entgegen, wenn die Behörde trotz Kenntnis von Umständen, die zum Wegfall des Kindergeldanspruchs führen, zunächst weiterhin Leistungen erbringt. Erforderlich sind vielmehr besondere Umstände, die die Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs als illoyale Rechtsausübung erscheinen lassen.
Hintergrund: Anspruch auf Kindergeld für eine volljährige Tochter besteht bei Unterbrechung der Berufsausbildung wegen Mutterschaft nur, wenn die Fristen des Mutterschutzgesetzes nicht überschritten werden. Nur wenn das Studium im darauffolgenden Semester fortgesetzt wird, wird die Zeit vom Ende der Mutterschutzfrist bis zum Semesterbeginn als Übergangszeit anerkannt. Obwohl dies im Urteilsfall nicht gegeben war, hatte das Finanzamt dennoch zunächst Kindergeld gewährt. Vor dem Bundesfinanzhof ging es um die Frage, ob das Finanzamt das Kindergeld nachträglich zurückfordern durfte.
Der auch im Steuerrecht zu beachtende Grundsatz von Treu und Glauben steht nach der Entscheidung des Bundesfinanzhofs einer Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs nicht entgegen. Als Ausprägung dieses Grundsatzes käme allein die Verwirkung des Rückforderungsanspruchs in Betracht. Es sei jedoch keine Verwirkung eingetreten. Verwirkung setze voraus, dass sich der Steuerzahler nach dem gesamten Verhalten des Finanzamts darauf verlassen durfte und verlassen hat, dass dieser das Recht in Zukunft nicht geltend machen werde. Der Zeitablauf allein (das sog. Zeitmoment) reiche für die Annahme der Verwirkung eines Rückforderungsanspruchs grundsätzlich nicht aus.
Hinzu kommen müsse ein Verhalten des Finanzamts, aus dem der Steuerzahler bei objektiver Beurteilung den Schluss ziehen darf, dass er nicht mehr in Anspruch genommen werden solle (Umstandsmoment oder Vertrauenstatbestand). Im Streitfall habe es an einem Verhalten des Finanzamts gefehlt, welches für die Steuerzahlerin bei objektiver Auslegung den eindeutigen Schluss zuließ, dass ihr das zu Unrecht gezahlte Kindergeld für ihre Tochter belassen werde.