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Quelle:

Finanzgericht Rheinland-Pfalz
Art des Dokuments: Urteil
Datum: 12.04.2005
Aktenzeichen: 2 K 2028/03

Schlagzeile:

Tatsächliche Fahrtkosten können nur Behinderte geltend machen, die auf einen PKW angewiesen sind, um sich überhaupt fortbewegen zu können

Schlagworte:

außergewöhnliche Belastung, Behinderten-Pauschbetrag, Fahrtkosten

Wichtig für:

Behinderte

Kurzkommentar:

Tatsächliche Fahrtkosten können nur Behinderte geltend machen, die auf einen PKW angewiesen sind, um sich überhaupt fortbewegen zu können.

Hintergrund: Das FG Rheinland-Pfalz hat sich zu der Frage geäußert, unter welchen Umständen Behinderte - über die Pauschbeträge hinaus - die tatsächlichen Aufwendungen bei den Werbungskosten geltend machen können.

Im Streitfall hatte der behinderte Kläger eine eingeschränkte Sehfähigkeit, ab 1996 war ihm ein Schwerbehindertenausweis mit einem Grad der Behinderung von 50 ausgestellt worden. Für die Zeit bis 1995 wurde ihm (nachträglich, im Jahre 2003) eine Behinderung von 30 bescheinigt, verbunden mit der Feststellung, dass eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit gegeben sei. Das Merkzeichen G (Gehbehinderung) war im Schwerbehindertenausweis nicht eingetragen.

In seiner Einkommensteuererklärung machte der Kläger für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte über die Pauschbeträge hinausgehende Werbungskosten geltend und begründete das damit, dass er von seiner Ehefrau gefahren worden sei. An bestimmten Tagen habe ihn seine Frau am Arbeitsort abgesetzt, sei nach Hause gefahren und habe ihn abends wieder abgeholt. Das Finanzamt war jedoch der Ansicht, für den Kläger komme nur die Entfernungspauschale (z.Zt. 0,30 € je KM) für eine arbeitstägliche Fahrt in Betracht.

Mit seiner Klage begehrte der Kläger weitere Werbungskosten in Höhe von ca. 1.100 €. Er führte aus, wegen seiner Sehschwäche sei es ihm nicht erlaubt, ein Kraftfahrzeug zu führen. Die Vorschrift des Einkommensteuergesetzes, nach der für eine weitergehende Berücksichtigung von Aufwendungen entweder eine bescheinigte Behinderung von mindestens 70 oder eine Behinderung von 50, verbunden mit der Bescheinigung einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr nachzuweisen sei (§ 9 Abs. 2 EStG), verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Artikel 3 des Grundgesetzes (GG).

Die Klage hatte jedoch keinen Erfolg.

Das FG Rheinland-Pfalz führte u.a. aus, Behinderte könnten statt des Werbungskostenpauschbetrages (Entfernungskilometer, arbeitstäglich eine Fahrt) die tatsächlichen Aufwendungen – also auch Leerfahrten, die dadurch entstünden, dass der Behinderte zur Arbeitstätte gebracht und wieder abgeholt würde – absetzen; dies gelte aber nur für Behinderte, deren Grad der Behinderung wenigstens 70 oder deren Grad der Behinderung weniger als 70, aber mindestens 50 betrage und die in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtig seien, was durch amtlich Unterlagen nachzuweisen sei. Damit solle vor dem Hintergrund, dass die Pauschbeträge in der Regel nicht kostendeckend seien, dem Umstand Rechnung getragen werden, dass dieser Personenkreis auf die Benutzung eine Kraftfahrzeuges angewiesen sei und deshalb den hierdurch entstehenden Kosten nicht ausweichen könne. Soweit von den in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigten Behinderten die Rede sei, müsse darauf abgestellt werden, dass eine erhebliche Einschränkung des Gehvermögens (auch durch innere Leiden oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit) in der Weise gegeben sein müsse, dass auch eine Wegstrecke, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden könne, nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder Gefahren bewältigt werden könne.

Nach diesen Grundsätzen gehöre der Kläger nicht zu der begünstigten Gruppe. Es sei weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Kläger eine Gehbehinderung oder eine Orientierungsstörung im dargestellten Sinne habe. Wenn er meine, zusätzliche Fahrtkosten seien abzugsfähig, da er zur Fortbewegung mit einem Kraftfahrzeug auf einen Dritten angewiesen sei, verkenne er, dass es im Anwendungsbereich der streitbefangenen Vorschrift nicht darum gehe, ob eine Person außerstande sei, einen PKW zu lenken, sondern darum, ob sie außerstande sei, sich auch ohne PKW im Straßenverkehr zu bewegen, bzw. ob sie, um sich überhaupt fortbewegen zu können, auf einen PKW angewiesen sei. Denn nur prinzipiell von einem PKW abhängige Personen sollten begünstigt werden. In allen anderen Fällen – mithin insbesondere auch in denen, in denen faktisch nur der PKW als Fortbewegungsmittel in Frage käme, z.B. weil öffentliche Verkehrsmittel nicht oder nicht in zumutbarer Weise zur Verfügung ständen- sei die Abzugsfähigkeit von Fahrtaufwendungen auf die Pauschbeträge und eine tägliche Fahrt begrenzt. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz sei nicht gegeben, weil insoweit ein gesetzlich vorgegebener Differenzierungsgrund vorliege.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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