Quelle: |
Oberlandesgericht Frankfurt/M. |
Art des Dokuments: | Beschluss |
Datum: | 28.02.2007 |
Aktenzeichen: | 1 W 47/06 |
Schlagzeile: |
Amtshaftung; Amtspflichtverletzung; Menschenwürde; Würde; Zwang; Folter; Folterverbot; Geldentschädigung; Schmerzensgeld; Schmerzen; Polizei; Verhör; Vernehmung; EMRK; Verteidiger; Rechtsanwalt; Anwalt
Schlagworte: |
Amtshaftung, Amtspflichtverletzung, EMRK, Folter, Folterverbot, Geldentschädigung, Menschenwürde, Polizei, Rechtsanwalt, Schmerzen, Schmerzensgeld, Verhör, Vernehmung, Würde, Zwang
Wichtig für: |
Kurzkommentar: |
1. Es stellt eine Straftat und damit eine Amtspflichtverletzung im Sinne des Art. 34 GG / § 839 dar, wenn Polizeibeamte zur Erlangung von Angaben eines Beschuldigten diesem mit der Zufügung erheblicher Schmerzen drohen, auch wenn dies das Auffinden eines entführten Kindes bezweckt.
2. Kann ein Beschuldigter vor der Fortsetzung einer polizeilichen Vernehmung nicht den Verteidiger seiner Wahl konsultieren, stellt dies einen Verstoß gegen § 137 StPO dar; jedenfalls wenn dies nicht zur besseren Erlangung von Beweismitteln geschieht und überdies die nachfolgende strafrechtliche Verurteilung nicht auf den zu diesem Zeitpunkte erlangten Beweismitteln beruht, ist hierin weder eine Verletzung der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) noch ein Verstoß gegen ein faires Verfahren (Art. 6 Abs. 1 EMRK) zu sehen.
3. Art. 41 EMRK gibt keinen Anspruch gegen ein nationales Gericht auf Geldentschädigung wegen eines Verstoßes gegen die Gewährleistungen der EMRK.
4. Für die Androhung gegenüber einem Beschuldigten, ihm zur Erlangung von Angaben über den Verbleib eines entführten Kindes Schmerzen zuzufügen, kann trotz der Schwere des Eingriffs anstelle einer zusätzlichen Geldentschädigung eine hinreichende Genugtuung für den Betroffenen darin liegen, dass die Polizeibeamten wegen der Tat strafrechtlich verurteilt werden und das Strafgericht gegen die Auffassung weiter Kreise der Öffentlichkeit verdeutlicht, dass es sich bei dem Verhalten der Polizeibeamten um einen als Verletzung der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) und des sog. Folterverbots (Art. 104 Abs. 1 GG, Art. 3 EMRK) rechtlich keinesfalls hinnehmbaren Tabubruch handelt (hier nach den konkreten Umständen bejaht).