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Quelle:

Bundesfinanzhof
Art des Dokuments: Urteil
Datum: 04.04.2008
Aktenzeichen: VI R 85/04

Vorinstanz:

FG Münster
Art des Dokuments: Urteil
Datum: 28.04.2004
Aktenzeichen: 1 K 3214/01 E

Schlagzeile:

Zuschlag für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte richtet sich bei Dienstwagen nach der tatsächlicher Nutzung

Schlagworte:

Anscheinsbeweis, Arbeitsstätte, Außendienstmitarbeiter, Betriebssitz, Dienstwagen, Ein-Prozent-Regelung, Einzelbewertung, Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, Firmenwagen, Geldwerter Vorteil, Pauschalierung, PKW-Überlassung, Regelmäßige Arbeitsstätte, tatsächliche Nutzung

Wichtig für:

Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Freiberufler, Gewerbetreibende

Kurzkommentar:

1. Sucht ein Außendienstmitarbeiter mindestens einmal wöchentlich den Betriebssitz seines Arbeitgebers auf, so ist der Betriebssitz eine (regelmäßige) Arbeitsstätte i.S. des § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG.

2. Der Zuschlag nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG (0,03 % Regelung) kommt nur zur Anwendung, wenn der Arbeitnehmer den Dienstwagen tatsächlich für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nutzt. Wird dem Arbeitnehmer ein Dienstwagen auch für diese Fahrten überlassen, so besteht ein Anscheinsbeweis für eine entsprechende Nutzung. Die Entkräftung des Anscheinsbeweises ist nicht auf die Fälle beschränkt, in denen dem Arbeitnehmer die Nutzung des Dienstwagens für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte arbeitsrechtlich untersagt ist.

3. Wird der Dienstwagen einmal wöchentlich für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt, so hängt der Zuschlag nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG von der Anzahl der tatsächlich durchgeführten Fahrten ab. Zur Ermittlung des Zuschlags ist eine Einzelbewertung der Fahr-ten mit 0,002 % des Listenpreises i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG je Entfernungskilometer vorzunehmen.

Hintergrund: Wird der geldwerte Vorteile der privaten Nutzung eines Dienstwagens typisierend nach der Ein-Prozent-Regelung besteuert, so erhöht sich diese Pauschale um monatlich 0,03% des Listenpreises für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, wenn das Fahrzeug auch zu diesem Zweck genutzt werden kann. Für diesen Zuschlag kommt es nach zwei Urteilen des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 4. April 2008 darauf an, ob und in welchem Umfang der Dienstwagen tatsächlich für Fahrten zur Arbeitsstätte genutzt wird.

1. Dem Urteil VI R 68/05 lag ein sog. Park-and-Ride-Fall zugrunde, in dem der Kläger, ein Verband, seinem Hauptgeschäftsführer einen Dienstwagen auch für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zur Verfügung gestellt hatte. Beim Lohnsteuerabzug ermittelte er den Zuschlag nicht auf der Grundlage der Entfernung von der Wohnung des Geschäftsführers zur Arbeitsstätte (118 km), sondern nach der Teilstrecke zum nächstgelegenen Bahnhof (3,5 km), weil er davon ausging, dass der Geschäftsführer von dort aus mit der Bahn zur Arbeitsstätte gefahren war. Das Finanzamt legte dem Zuschlag hingegen die gesamte Entfernung zur Arbeitsstätte zugrunde.

Der BFH bestätigte (anders als die Vorinstanz) die vom Kläger vorgenommene Ermittlung des Zuschlags. Er sah den Zweck der Zuschlagsregelung darin, den – überschießenden – pauschalen Werbungskostenabzug für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (Entfernungspauschale) zu kompensieren, der dem Arbeitnehmer bei Nutzung eines Dienstwagens zustehe, ohne dass dieser eigene Aufwendungen zu tragen habe. Aus der Korrekturfunktion des Zuschlags ergebe sich, dass für den Zuschlag ebenso wie für die Entfernungspauschale nur auf die tatsächliche Nutzung des Dienstwagens abzustellen sei. Zwar spreche ein Anscheinsbeweis dafür, dass der Geschäftsführer den Dienstwagen für die gesamte Entfernung zur Arbeitsstätte genutzt habe. Dieser könne jedoch durch Vorlage einer auf ihn ausgestellten Jahres-Bahnfahrkarte entkräftet werden. Der BFH verwies den Streitfall zur Nachholung entsprechender Feststellungen an die Vorinstanz zurück.

2. Das Urteil VI R 85/04 betraf einen Fall, in dem dem Kläger, einem Außendienstmitarbeiter, von seinem Arbeitgeber für Kundenbesuche ein Dienstwagen überlassen wurde, den dieser auch für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nutzen durfte. Der Kläger suchte an einem Arbeitstag in der Woche den Betriebssitz des Arbeitgebers auf. Das Finanzamt sah den Betriebssitz als (regelmäßige) Arbeitsstätte an und erhöhte bei der Veranlagung des Klägers den Bruttoarbeitslohn um den Zuschlag für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte.

Der BFH beurteilte (ebenso wie die Vorinstanz) den Betriebssitz als (regelmäßige) Arbeitsstätte, da diesem Ort durch das fortdauernde und wiederholte Aufsuchen gegenüber den Tätigkeitsstätten des Klägers bei den Kundenbesuchen eine hinreichend zentrale Bedeutung zukomme. Im Gegensatz zur Vorinstanz machte er den Ansatz des Zuschlags aber davon abhängig, dass der Dienstwagen tatsächlich für die Fahrten zum Betriebssitz genutzt wurde. Zur Klärung dieser Frage verwies der BFH die Streitsache an die Vorinstanz zurück. Für die Nutzung des Dienstwagens bestehe ein Anscheinsbeweis, der vom Kläger entkräftet werden könne. Für den Fall, dass der Kläger den Dienstwagen einmal wöchentlich für die Fahrten zum Betriebssitz genutzt habe, sei bei der Ermittlung des Zuschlags auf die Anzahl der tatsächlich durchgeführten Fahrten abzustellen und entgegen dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) eine Einzelbewertung der Fahrten entsprechend § 8 Abs. 2 Satz 5 EStG vorzunehmen.

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