Quelle: |
Bundesfinanzhof |
Art des Dokuments: | Urteil |
Datum: | 19.08.2015 |
Aktenzeichen: | X R 50/13 |
Vorinstanz: |
FG Düsseldorf |
Art des Dokuments: | Urteil |
Datum: | 25.10.2012 |
Aktenzeichen: | 14 K 1400/11 E |
Schlagzeile: |
Bundesfinanzhof klärt Zweifelsfragen zu widerstreitende Steuerfestsetzungen
Schlagworte: |
Änderung, Änderungsbescheid, Berichtigung, Korrektur, Objektkollision, Periodenkollision, Rechtsfrage, Steuerbescheid, Subjektkollision, Tatsachen, Treu und Glauben, Verböserungsverbot, Verfahrensrecht, Widerstreitende Steuerfestsetzung, Zuständigkeitskollision
Wichtig für: |
Steuerberater
Kurzkommentar: |
1. Ein bestimmter Sachverhalt i.S. des § 174 AO ist der einzelne Lebensvorgang im Sinne eines Sachverhaltskomplexes, an den das Gesetz steuerliche Folgen knüpft.
2. Auch im Rahmen des § 174 Abs. 4 AO muss der dem geänderten sowie der dem zu ändernden Steuerbescheid zugrunde liegende Sachverhalt übereinstimmen.
3. Übereinstimmung setzt jedoch keine vollständige Identität voraus.
4. Die irrige steuerliche Beurteilung in dem geänderten Bescheid muss sich ausschließlich auf diesen bestimmten Sachverhalt bezogen haben und darf nicht auf einem erst um weitere Tatsachen ergänzten Sachverhalt beruhen.
5. In dem zu ändernden Bescheid dürfen hingegen weitere Sachverhaltselemente hinzutreten, um einen gesetzlichen Tatbestand zu erfüllen, der den zunächst irrig beurteilten Sachverhalt nunmehr mit den richtigen steuerlichen Folgen versieht.
6. Maßstab für die Frage, ob ein Sachverhalt in dem geänderten Bescheid irrig beurteilt wurde, ist der letzte dem Änderungsbescheid vorausgegangene Bescheid.
7. Unerheblich ist, ob die irrige Beurteilung sich auf Tatsachen oder Rechtsfragen bezog.
8. § 174 Abs. 4 AO ist nicht auf Fälle der Objekt-, Perioden-, Zuständigkeits- oder Subjektkollision beschränkt, sondern enthält eine spezialgesetzliche Ausformung von Treu und Glauben. Hat der Steuerpflichtige erfolgreich für seine Rechtsansicht gestritten, so hat er auch die damit denklogisch verbundenen Nachteile hinzunehmen.
9. Das für die Gerichte geltende "Verböserungsverbot" schließt es grundsätzlich nicht aus, einen Bescheid, der bereits Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung war, nach den Vorschriften der AO zu ändern.
AO § 171 Abs. 3a, § 174 Abs. 4, § 177 Abs. 2
FGO § 44 Abs. 2, § 110, § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1