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Quelle:

Bundesfinanzhof
Art des Dokuments: Urteil
Datum: 27.02.2019
Aktenzeichen: I R 73/16

Vorinstanz:

FG Düsseldorf
Art des Dokuments: Urteil
Datum: 10.11.2015
Aktenzeichen: 6 K 2095/13 K

Schlagzeile:

Rechtsprechungsänderung zur sog. Sperrwirkung nach Art. 9 Abs. 1 des OECD-Musterabkommens (OECD-MustAbk)

Schlagworte:

Außensteuergesetz, Betriebsausgaben, Darlehen, DBA-Belgien, Doppelbesteuerung, Eigenkapital, Einlage, Fremdvergleich, Konzern, Konzerndarlehen, Konzernrückhalt, Musterabkommen, OECD-MustAbk, OECD-Musterabkommen, Preisberichtigung, Sicherung, Sperrwirkung, Teilwertabschreibung, Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, Verrechnungskonto

Wichtig für:

Steuerberater

Kurzkommentar:

Einkünftekorrektur nach § 1 Abs. 1 des Außensteuergesetzes (AStG) bei gewinnmindernder Ausbuchung einer unbesichert im Konzern begebenen Darlehensforderung

1. Die Abgrenzung zwischen betrieblich veranlassten Darlehen und durch das Gesellschaftsverhältnis veranlassten Einlagen ist anhand der Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten vorzunehmen. Einzelnen Kriterien des Fremdvergleichs ist dabei nicht die Qualität unverzichtbarer Tatbestandsvoraussetzungen beizumessen (Bestätigung des Senatsurteils vom 29. Oktober 1997 I R 24/97 unter II.2.).

2. Der Topos des sog. Konzernrückhalts beschreibt lediglich den rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmen der Unternehmensverflechtung und bringt die Üblichkeit zum Ausdruck, innerhalb eines Konzerns Kreditansprüche nicht wie unter Fremden abzusichern (insoweit entgegen Senatsurteile vom 24. Juni 2015 I R 29/14 und vom 29. Oktober 1997 I R 24/97 unter II.3.d).

3. Die fehlende Darlehensbesicherung gehört grundsätzlich zu den nicht fremdüblichen "Bedingungen" i.S. des § 1 Abs. 1 AStG. Gleiches gilt für Art. 9 Abs. 1 OECD MustAbk (hier: Art. 9 DBA-Belgien 1967).

4. Art. 9 Abs. 1 OECD MustAbk (hier: Art. 9 DBA-Belgien 1967) beschränkt den Korrekturbereich des § 1 Abs. 1 AStG nicht auf sog. Preisberichtigungen, sondern ermöglicht auch die Neutralisierung der gewinnmindernden Ausbuchung einer Darlehensforderung oder einer Teilwertabschreibung hierauf (entgegen Senatsurteile vom 24. Juni 2015 I R 29/14 und vom 17. Dezember 2014 I R 23/13).

5. Ob einer Korrektur nach § 1 Abs. 1 AStG der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz des Unionsrechts entgegensteht, bestimmt sich nach einer Gesamtwürdigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls. Dabei sind das wirtschaftliche Eigeninteresse und die Finanzierungsverantwortung auf der einen Seite sowie die strukturelle Nähe zur Eigenkapitalausstattung und die Änderung des Vermögens und Liquiditätsstatus des Darlehensgebers auf der anderen Seite zu berücksichtigen.

AStG i.d.F. des StVergAbG § 1 Abs. 1, § 1 Abs. 4
KStG § 8b Abs. 3 Satz 3
WÜRV Art. 31 Abs. 1
OECD MustAbk Art. 3 Abs. 2, Art. 9 Abs. 1
DBA-Belgien 1967 Art. 3 Abs. 2, Art. 9

Hintergrund: Wird die gewinnmindernde Ausbuchung eines unbesicherten Konzerndarlehens nach § 1 Abs. 1 AStG neutralisiert, ist diese Einkünftekorrektur entgegen der bisherigen Rechtsprechung nicht nach Art. 9 Abs.1 OECD-MustAbk gesperrt.

In dem Fall des BFH, der das Jahr 2005 betrifft, führte eine deutsche GmbH für eine belgische Tochtergesellschaft ein nicht besichertes Verrechnungskonto. Nachdem die belgische Tochtergesellschaft in wirtschaftliche Schieflage geraten war, verzichtete die GmbH auf ihre Forderung aus dem Verrechnungskonto und buchte diese in ihrer Bilanz gewinnmindernd aus. Das Finanzamt neutralisierte diese Gewinnminderung jedoch nach § 1 Abs. 1 AStG. Das Finanzgericht (FG) sah die Sache im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des BFH allerdings anders und gab der Klage statt.

Bisher ging der BFH für Sachverhalte, die einem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) unterliegen, davon aus, dass sich Art. 9 Abs. 1 OECD-MustAbk auf sog. Preisberichtigungen beschränke, wohingegen die Neutralisation der gewinnmindernden Ausbuchung einer Darlehensforderung oder eine Teilwertabschreibung ausgeschlossen sei (sog. Sperrwirkung).

Der BFH beurteilt dies nunmehr anders und hat das Urteil des FG aufgehoben. Zwar könne in der Revisionsinstanz nicht mehr geklärt werden, ob es sich wirklich um ein steuerrechtlich anzuerkennendes Darlehen oder um Eigenkapital der belgischen Tochtergesellschaft gehandelt habe. Dies könne jedoch dahinstehen, da die gewinnmindernde Ausbuchung durch die deutsche GmbH jedenfalls nach § 1 Abs. 1 AStG zu korrigieren sei. Die fehlende Besicherung stelle eine nicht fremdübliche (Darlehens-)Bedingung dar. Eine Beschränkung auf sog. Preisberichtigungen lasse sich weder dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck des Art. 9 Abs. 1 OECD-MustAbk entnehmen. Auch das Unionsrecht stehe der Einkünftekorrektur nicht entgegen.

Die Entscheidung hat erhebliche Auswirkung auf die Finanzierung ausländischer Tochtergesellschaften durch inländische Gesellschafter. In einer Reihe weiterer Fälle wird der BFH demnächst die neuen Grundsätze konkretisieren.

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