Quelle: |
Bundesfinanzhof |
Art des Dokuments: | Urteil |
Datum: | 16.09.2021 |
Aktenzeichen: | IV R 34/18 |
Vorinstanz: |
FG Baden-Württemberg |
Art des Dokuments: | Urteil |
Datum: | 12.06.2018 |
Aktenzeichen: | 8 K 501/17 |
Schlagzeile: |
Kein strukturelles Vollzugsdefizit bei bargeldintensiven Betrieben im Jahr 2015
Schlagworte: |
Aufzeichnungspflicht, Bareinnahme, Bargeldintensiver Betrieb, Betriebseinnahme, Gewerbebetrieb, Gleichheit, Kassenbuch, Kassenführung, Ladenkasse, Offene Ladenkasse, Strukturelles Vollzugsdefizit, Vollzugsdefizit
Wichtig für: |
Steuerberater
Kurzkommentar: |
Im Jahr 2015 bestand hinsichtlich der Erfassung von Bareinnahmen bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch bei sog. bargeldintensiven Betrieben mit offener Ladenkasse kein dem Gesetzgeber zuzurechnendes strukturelles Vollzugsdefizit.
GG Art. 3 Abs. 1
EStG § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
FGO § 41 Abs. 1, Abs. 2
AO § 137, §§ 140 ff., § 146b, §§ 147 ff., § 193 Abs. 1
UStG § 19, § 22, § 27b
AO a.F. § 30a
Hintergrund: Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass im Jahr 2015 hinsichtlich der Erfassung von Bareinnahmen auch bei sog. bargeldintensiven Betrieben mit offener Ladenkasse kein dem Gesetzgeber zuzurechnendes strukturelles Vollzugsdefizit bestand.
Geklagt hatte ein Gastronom, der zur Ermittlung der zutreffenden Besteuerungsgrundlagen in seinen Gaststätten elektronische Registrierkassen einsetzt. Mit seiner Klage begehrte er die Feststellung, dass die fehlende gesetzliche Verpflichtung zur Führung einer elektronischen Kasse ein strukturelles, dem Gesetzgeber zuzurechnendes Vollzugsdefizit verursache und deshalb verfassungswidrig sei. Bei offenen Ladenkassen, wie sie gerade im Bereich der Gastronomie häufig eingesetzt würden, habe die Finanzbehörde keine nennenswerten Möglichkeiten, den angegebenen Umsatz auf seinen Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Jedenfalls blieben die Prüfungsmöglichkeiten weit hinter dem zurück, was bei Registrierkassen möglich sei. Dadurch werde eine gleichmäßige Steuerfestsetzung bei allen Marktteilnehmern ausgeschlossen und er, der bereits elektronische Registrierkassen einsetze, werde in seinem Recht auf Gleichbehandlung verletzt.
Klage und Revision blieben erfolglos. Nach Auffassung des BFH bestanden im Jahr 2015 zwar offensichtliche Probleme bei der Erhebung und Verifikation von Besteuerungsgrundlagen im Bereich der bargeldintensiven Geschäftsbetriebe wie z.B. der Gastronomie. Diese führten aber nicht zu einem strukturellen, dem Gesetzgeber zuzurechnenden Erhebungsmangel, der zur Verfassungswidrigkeit der Besteuerung führen könnte. Vielmehr bestand auch für solche Betriebe im Jahr 2015 eine Rechtslage, die auf die Durchsetzung der geltenden Steuergesetze abzielte. Auch für Betreiber einer offenen Ladenkasse bestand ein Entdeckungsrisiko bei Manipulationen. Die geltenden Erhebungsregeln waren jedenfalls nicht derart ineffektiv, dass ein Unterlassen weiterer Regelungen bezüglich der Besteuerung von Betrieben mit offener Ladenkasse im Bereich der Gastronomie dem Gesetzgeber als strukturelles Vollzugsdefizit angelastet werden könnte.
Tenor:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 12.06.2018 - 8 K 501/17 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.