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Quelle:

Bundesfinanzhof
Art des Dokuments: Urteil
Datum: 12.07.2022
Aktenzeichen: VIII R 8/19

Vorinstanz:

FG Münster
Art des Dokuments: Urteil
Datum: 11.07.2018
Aktenzeichen: 9 K 2384/17

Schlagzeile:

Unangekündigte Wohnungsbesichtigung durch einen sog. Flankenschutzprüfer des Finanzamts

Schlagworte:

Ankündigung, Arbeitszimmer, Feststellungsinteresse, Flankenschutzprüfer, Grundrechtseingriff, Ortsbesichtigung, Prüfung, Steuerfahndung, Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, Wohnung, Wohnungsbesichtigung

Wichtig für:

Alle Steuerzahler, Steuerberater

Kurzkommentar:

1. Die unangekündigte Wohnungsbesichtigung durch einen Beamten der Steuerfahndung als sog. Flankenschutzprüfer zur Überprüfung der Angaben des Steuerpflichtigen zu einem häuslichen Arbeitszimmer im Besteuerungsverfahren ist wegen Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz rechtswidrig, wenn der Steuerpflichtige bei der Aufklärung des Sachverhalts mitwirkt.

2. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerpflichtige der Ortsbesichtigung zustimmt und deshalb kein schwerer Grundrechtseingriff in Art. 13 Abs. 1 GG vorliegt.

AO § 5, AO § 88 Abs 1, AO § 92 S 1, AO § 99, AO § 208 Abs 1 S 1, FGO § 41 Abs 1, GG Art 13 Abs 1, GG Art 2 Abs 1, GG Art 20 Abs 3

Hintergrund: Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass eine unangekündigte Wohnungsbesichtigung durch einen Beamten der Steuerfahndung als sog. Flankenschutzprüfer zur Überprüfung der Angaben der Steuerpflichtigen zu einem häuslichen Arbeitszimmer rechtswidrig ist, wenn die Steuerpflichtige bei der Aufklärung des Sachverhalts mitwirkt.

Eine selbständige Unternehmensberaterin machte in ihrer Einkommensteuererklärung erstmals Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer geltend. Auf Nachfrage des Finanzamts (FA) reichte sie eine Skizze der Wohnung ein, die der Sachbearbeiter des FA aber für klärungsbedürftig hielt. Er bat den Flankenschutzprüfer um Besichtigung der Wohnung. Dieser erschien unangekündigt an der Wohnungstür der Steuerpflichtigen, wies sich als Steuerfahnder aus und betrat unter Hinweis auf die Überprüfung im Besteuerungsverfahren die Wohnung. Die Steuerpflichtige hat der Besichtigung nicht widersprochen.

Der BFH urteilte, dass die Besichtigung rechtswidrig war. Zur Überprüfung der Angaben zum häuslichen Arbeitszimmers im Besteuerungsverfahren ist angesichts des in Art. 13 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verbürgten Schutzes der Unverletzlichkeit der Wohnung eine Besichtigung in der Wohnung eines mitwirkungsbereiten Steuerpflichtigen erst dann erforderlich, wenn die Unklarheiten durch weitere Auskünfte oder andere Beweismittel (z.B. Fotografien) nicht mehr sachgerecht aufgeklärt werden können. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerpflichtige – so wie im Streitfall – der Besichtigung zugestimmt hat und deshalb ein schwerer Grundrechtseingriff nicht vorliegt.

Wie der BFH weiter ausführte, war die Ermittlungsmaßnahme auch deshalb rechtswidrig, weil sie von einem Steuerfahnder und nicht von einem Mitarbeiter der Veranlagungsstelle durchgeführt wurde. Denn das persönliche Ansehen des Steuerpflichtigen kann dadurch gefährdet werden, dass zufällig anwesende Dritte (z. B. Besucher oder Nachbarn) glauben, dass beim Steuerpflichtigen strafrechtlich ermittelt wird.

Tenor:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 11.07.2018 - 9 K 2384/17 aufgehoben.

Es wird festgestellt, dass die Ortsbesichtigung seitens des Beklagten am 11.05.2017 rechtswidrig war.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

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