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Quelle:

Bundesfinanzhof
Art des Dokuments: Urteil
Datum: 17.11.2022
Aktenzeichen: V R 12/20

Vorinstanz:

FG Sachsen
Art des Dokuments: Urteil
Datum: 10.04.2019
Aktenzeichen: 5 K 1472/17

Schlagzeile:

Verkauf von Hilfsmitteln für blinde und sehbehinderte Menschen kein Zweckbetrieb

Schlagworte:

Blind, Blindenfürsorge, Ermäßigter Steuersatz, Gemeinnützigkeit, Hilfsmittel, Körperbehinderung, Regelsteuersatz, Sehbehindert, Umsatzsteuer, Wettbewerb, Zweckbetrieb

Wichtig für:

Steuerberater

Kurzkommentar:

Der Verkauf von Waren ist grundsätzlich eine typische Handelstätigkeit, die nicht die Voraussetzungen eines steuerlich privilegierten Zweckbetriebs i.S. von § 68 Nr. 4 AO erfüllt. Der Verkauf von Hilfsmitteln für blinde oder sehbehinderte Menschen über ein Ladengeschäft kann aber ein Zweckbetrieb sein, wenn über eine im Einzelhandel übliche reine Produktberatung hinaus weitere - fürsorgeorientierte - Hilfestellungen gegeben werden.

AO §§ 14, 64, 65, 68 Nr. 4
UStG § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. A
MwStSystRL Art. 98 Abs. 1 und 2

Hintergrund: Die Klägerin, die Waren für blinde und sehbehinderte Menschen verkauft, hatte sich mit einer Konkurrentenklage gegen die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes auf die durch den Beigeladenen erbrachten Leistungen gewandt. Der Beigeladene ist ein eingetragener gemeinnütziger Verein, der als Selbsthilfeorganisation die Interessen von blinden und stark sehbehinderten Menschen vertritt. In diesem Zusammenhang verkaufte der Beigeladene –ebenso wie die Klägerin– Hilfsmittel für blinde und sehbehinderte Menschen über ein Ladengeschäft, auf Messen und über das Internet. Das Finanzamt und ihm folgend das Finanzgericht (FG) hatten die Umsätze des Beigeladenen gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) als Leistungen einer Körperschaft, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Rahmen eines Zweckbetriebs verfolgt, mit dem ermäßigten Steuersatz besteuert. Zu den steuerlich begünstigten Zweckbetrieben gehören gemäß § 68 AO u.a. Einrichtungen, die zur Durchführung der Fürsorge für blinde Menschen unterhalten werden.

Der BFH hat das FG-Urteil aufgehoben, weil es die Konkurrentenklage der Klägerin zu Unrecht als unbegründet abgewiesen hat. Das FG hat die Anforderungen an einen begünstigten Zweckbetrieb verkannt und deshalb die Leistungen des Beigeladenen zu Unrecht als umsatzsteuerbegünstigt beurteilt. Der bloße Verkauf von Blindenhilfsmitteln ist nicht begünstigt, wenn er lediglich mit einer allgemein im Fachhandel üblichen, produkt- und anwendungsbezogenen Beratung einhergeht. Eine Blindenfürsorge i.S.v. § 68 Nr. 4 AO kann dagegen vorliegen, wenn z.B. neu erblindeten Personen neben einer reinen Produktberatung weitere –fürsorgeorientierte– Hilfestellungen gegeben werden oder wenn Verkaufstätigkeiten im Zusammenhang mit einem unentgeltlichen Kursangebot zur Förderung der gemeinnützigen Tätigkeit stehen. Ob das der Fall ist, muss das FG nun im zweiten Rechtsgang klären.

Tenor:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sächsischen Finanzgerichts vom 10.04.2019 - 5 K 1472/17 hinsichtlich der Streitjahre 2004 bis 2012 aufgehoben.

Die Sache wird insoweit an das Sächsische Finanzgericht zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des gesamten Verfahrens übertragen.

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