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Quelle:

Finanzgericht Düsseldorf
Art des Dokuments: Beschluss
Datum: 13.09.2023
Aktenzeichen: 5 V 1048/23 A (E,G,U,F)

Schlagzeile:

Anforderungen an die Schätzung des Gewinns eines Supermarkts bei Ermittlung der Einkünfte durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung

Schlagworte:

Aufbewahrungspflicht, Aufzeichnungspflicht, Aussetzung der Vollziehung, Barzahlung, Einnahmen-Überschuss-Rechnung, Einzelaufzeichnungspflicht, Hinzuschätzung, Kasse, Rohgewinnaufschlagsatz, Schätzung, Sicherheitsabschlag, Supermarkt, Tagesabschlussbericht, Verfahrensrecht

Wichtig für:

Steuerberater

Kurzkommentar:

Das FG Düsseldorf hat sich mit den Einzelaufzeichnungspflichten von Einnahmen-Überschuss-Rechnern auseinandergesetzt.

Hintergrund: Der Antragsteller betrieb einen Lebensmitteleinzelhandel und ermittelte seinen Gewinn in den Streitjahren 2016 bis 2019 durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung. Die Tageseinnahmen wurden in Form von manuellen Berichten aufgezeichnet, in die u.a. auch die Erlöse aus den Tagesabschlussberichten einer Geschäftskasse einflossen. Im Rahmen einer im Jahr 2021 kombinierten Betriebs- und Steuerfahndungsprüfung wurden vereinzelte Tagesabschlussberichte einer weiteren PC-Kasse aus den Streitjahren aufgefunden. Daneben beschlagnahmte die Steuerfahndung u.a. zwei Kassen, die offenbar in den Streitjahren zum Einsatz gekommen waren, in denen sich aber keine SD-Karten befanden.

Das beklagte Finanzamt argumentierte, dass der Antragsteller gegen die Aufbewahrungspflicht verstoßen habe, indem er die mit den beiden eingesetzten PC-Kassen gefertigten digitalen Einzelaufzeichnungen nicht auf den zugehörigen SD-Karten gespeichert habe. Aus den aufgefundenen Tagesabschlussberichten sei zudem klar erkennbar, dass der Antragsteller zwei Kassen genutzt habe, aber nur die Tagesabschlussberichte einer Kasse Eingang in die steuerlichen Aufzeichnungen gefunden hätten. Daraufhin ermittelte das Finanzamt unter Zugrundelegung der beschlagnahmten Tagesabschlussberichte einen durchschnittlichen Tageserlös für beide Kassen und rechnete diesen auf einen Jahresgesamterlös hoch.

Im Rahmen des gerichtlichen Aussetzungsverfahrens gegen die durch das Finanzamt vorgenommenen Hinzuschätzungen erläuterte der Antragsteller insbesondere, dass keine Pflicht zur elektronischen Buchführung bestünde und darüber hinaus formelle Buchführungsmängel keine Schätzungsbefugnis begründen würden.

In seinem Beschluss vom 13.09.2023 setzte der 5. Senat die Vollziehung der betroffenen Bescheide teilweise aus. Eine Schätzungsbefugnis ergebe sich nicht schon aus formellen Mängeln, weil der Antragsteller seine Verpflichtung zur Aufbewahrung von mit der Geschäftskasse erstellten digitalen Einzelaufzeichnungen verletzt hätte. Die den Antragsteller treffenden, grundsätzlich steuergesetzübergreifenden umsatzsteuerlichen Aufzeichnungspflichten stünden unter dem Vorbehalt des Zumutbaren und griffen nicht für Einzelhandelsunternehmer, die im Allgemeinen Waren an ihnen der Person nach nicht bekannte Kunden über den Ladentisch gegen Barzahlung verkauften. Selbst wenn - was umstritten sei - die Neufassung des § 146 Abs. 1 Satz 1 AO Einzelaufzeichnungspflichten auch für Einnahmen-Überschuss-Rechner erzeugen sollte, wären diese ebenfalls aus Zumutbarkeitsgründen suspendiert. Eine andere Beurteilung dürfte sich auch nicht aus dem Umstand ergeben, dass der Antragsteller in seinem Betrieb eine PC-Kasse eingesetzt habe.

Die Schätzungsbefugnis ergebe sich aber jedenfalls daraus, dass aufgrund materieller Fehler – hier dem Verschweigen der Erlöse einer zweiten Kasse – mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehe, dass die vom Antragsteller eingereichten Aufzeichnungen und die darauf basierenden Einnahmen-Überschuss-Rechnungen sachlich falsch seien. Gewichtiges Indiz dafür sei außerdem, dass die anhand der Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelten Rohgewinnaufschlagsätze auffällig niedrig seien.

Hinsichtlich der Höhe der vom Finanzamt angesetzten durchschnittlichen Tageserlöse nahm der Senat eine geringfügige Korrektur unter Berücksichtigung eines Sicherheitsabschlages vor.

Tenor:

Die Vollziehung der Umsatzsteuerbescheide für 2016 bis 2019, der Bescheide über den Gewerbesteuer-Messbetrag 2016 bis 2019, der Bescheide über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2016 bis 31.12.2019, der Einkommensteuerbescheide für 2016 bis 2019, der Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den 31.12.2016 bis 31.12.2019 und des Vorauszahlungsbescheids zur Einkommensteuer für 2021, allesamt vom 27.9.2022 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23.3.2023, wird bis einen Monat nach Ergehen einer rechtskräftigen Entscheidung über die anhängige Klage mit dem Aktenzeichen 5 K 665/23 E,G,U,F mit der Maßgabe ausgesetzt, dass bei der Berechnung des Gewinns bzw. Umsatzes lediglich von einem durchschnittlichen Tageserlös von 3.000,00 EUR anstatt – wie bisher – von 3.423,04 EUR auszugehen ist. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Die Berechnung der auszusetzenden Beträge wird dem Antragsgegner übertragen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsteller zu 70% und dem Antragsgegner zu 30% auferlegt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 128 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung).

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