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Quelle:

Finanzgericht Düsseldorf
Art des Dokuments: Urteil
Datum: 08.12.2021
Aktenzeichen: 15 K 1186/21 G,E

Schlagzeile:

Einheitlicher Gewerbebetrieb oder zwei unabhängig voneinander zu beurteilende Gewerbebetriebe

Schlagworte:

Einheitlicher Gewerbebetrieb, Gesamtrechtsnachfolge, Gewerbebetrieb, Investitionsabzugsbetrag, Marktwirksamkeit, Teilbetrieb, Übertragung

Wichtig für:

Steuerberater

Kurzkommentar:

Die Übertragung eines Gewerbebetriebs im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge führt automatisch dazu, dass dieser Gewerbebetrieb sich mit einem vom Erben eigenständig begründeten und geführten Gewerbebetrieb zu einem einheitlichen Gewerbebetrieb vereinigt. Der Höchstbetrag für Investitionsabzugsbeträge kann daher nicht mehrfach in Anspruch genommen werden.

Hintergrund: Der Kläger betrieb seit 1999 einen Großhandel mit Altmaterialien, mit dem auch eine verarbeitende Tätigkeit (Recycling) einherging. Ferner erbte er im Jahr 2013 den zuvor von seiner Mutter unter derselben Anschrift geführten Schrotthandel. In den Streitjahren beantragte er die Berücksichtigung von Investitionsabzugsbeträgen, die in der Summe über den nach § 7g EStG maßgeblichen Höchstbetrag von 200.000 Euro hinausgingen. Die Kläger argumentierten, dass es sich um zwei einzelne Betriebe handele und der betriebsbezogene Höchstbetrag somit insgesamt zweimal ausgeschöpft werden könne.

Im Einspruchsverfahren erläuterten die Kläger, dass beide Betriebe aktiv und unabhängig voneinander am wirtschaftlichen Verkehr teilnähmen. Seit Jahren hätten beide Betriebe eine eigene Steuernummer, eine getrennte Buchführung sowie getrennte Kassen- und Bankkonten. Die Betriebsführung finde im selben Gebäude, aber in verschiedenen Räumlichkeiten mit separaten Büroeinrichtungen, insbesondere auch jeweils eigenem Anlage- und Umlaufvermögen, statt. Im Rahmen der Einspruchsentscheidung berücksichtigte das beklagte Finanzamt dennoch nur Investitionsabzugsbeträge bis zum maßgeblichen Höchstbetrag von 200.000 €.

Der Senat wies die Klage ab und erkannte ebenfalls nur einen einheitlichen Gewerbebetrieb. Dabei stellte er nicht nur auf den engen räumlichen Zusammenhang der Betriebsteile unter einer gemeinsamen Anschrift ab. Darüber hinaus handele es sich um gleichartige Tätigkeiten, weil sich beide Betriebsteile ergänzten und dadurch zu einer entsprechend stabileren Marktwirksamkeit führten. Die im Rahmen des Klageverfahrens eingesehenen Geschäftsunterlagen ließen auch auf einen organisatorischen Gesamtzusammenhang der wirtschaftlichen Tätigkeit des Einzelunternehmers schließen, so dass andere Kriterien wie z.B. die getrennte Buchführung in der Einzelfallabwägung des Senats zurücktreten würden. Soweit der Kläger - nach seinem Vortrag aus erbschaftsteuerlichen Gründen - zu einer Trennung der Betriebe persönlich motiviert gewesen sein mochte, käme diesem Willen des Unternehmers nur insoweit Bedeutung zu, wenn er sich in den tatsächlichen Verhältnissen niedergeschlagen hätte. Letztlich führe auch eine normspezifische Auslegung des Betriebsbegriffs im Sinne des § 7g EStG zu keiner anderen Lösung.

Das FG Düsseldorf hatte nicht die Revision zugelassen. Der dagegen gerichteten Beschwerde des Erben hat der BFH jedoch entsprochen. Die höchsten deutschen Steuerrichter müssen daher im Revisionsverfahren endgültig klären, ob ertragsteuerlich mehrere Gewerbebetriebe des Einzelunternehmers vorliegen.

In der offiziellen Datenbank des BFH sind hierzu die folgenden Informationen gespeichert:

BFH Anhängiges Verfahren X R 8/23
Aufnahme in die Datenbank am 20.12.2023
EStG § 15 ; EStG § 7g ; GewStG § 2
Streitig ist, ob ein einheitlicher Gewerbebetrieb oder zwei einzelne Gewerbebetriebe vorliegen und deshalb Investitionsabzugsbeträge über den betriebsbezogenen Höchstbetrag von 200.000 Euro hinaus beansprucht werden können:
1. Ist der Umstand, dass ein Gewerbebetrieb im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge auf einen Steuerpflichtigen übergegangen ist, während ein anderer Gewerbebetrieb durch den Steuerpflichtigen selbst begründet wurde, im Rahmen der Frage des Bestehens eines einheitlichen oder zweier unabhängig voneinander zu beurteilenden Gewerbebetriebe tatsächlich völlig im Zusammenhang mit der Beurteilung eines einheitlichen oder zwei getrennten Gewerbebetrieben unbeachtlich?
2. Führt auch die durch die Übernahme eines Gewerbebetriebs im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge inkludierte Selbständigkeit des Gewerbebetriebs im Hinblick auf das Abgrenzungskriterium zwischen zwei Betrieben und Teilbetrieb, nach dem von selbständigen Betrieben dann auszugehen ist, wenn eine vollkommene Eigenständigkeit vorliegt, zu keinem anderen Ergebnis?
3. Führt die Übertragung eines Gewerbebetriebs im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge dazu, dass dieser Gewerbebetrieb sich mit einem vom Steuerpflichtigen/Erben eigenständig begründeten und geführten Gewerbebetrieb automatisch zu einem einheitlichen Gewerbebetrieb vereinigt?
4. Wie ist die Tatbestandsvoraussetzung der größeren/stabilisierten "Marktwirksamkeit" bei Beantwortung der Frage, ob zwei gewerbliche Tätigkeiten deswegen als gleichartig anzusehen sind, da sie sich unterscheiden, gegenseitig jedoch ergänzen, für steuerliche Zwecke zu definieren?
--Zulassung durch BFH--
Rechtsmittelführer: Steuerpflichtiger
Vorgehend: FG Düsseldorf Urteil vom 08.12.2021 (15 K 1186/21 G,E)

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