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Quelle:

Bundesfinanzhof
Art des Dokuments: Urteil
Datum: 25.09.2024
Aktenzeichen: XI R 6/23

Vorinstanz:

FG Berlin-Brandenburg
Art des Dokuments: Urteil
Datum: 07.03.2023
Aktenzeichen: 2 K 2150/21

Schlagzeile:

Umsatzsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage im Falle strafrechtlicher Einziehung von Schmiergeldern

Schlagworte:

Bemessungsgrundlage, Bestechungsgeld, Entgeltminderung, Korrektur, Schmiergeld, Steuerhinterziehung, Umsatzsteuer, Vermögensabschöpfung

Wichtig für:

Steuerberater

Kurzkommentar:

Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur steuerrechtlichen Behandlung strafrechtlich eingezogener Tatentgelte ist umsatzsteuerrechtlich die Bemessungsgrundlage von in strafrechtlicher Hinsicht betroffenen Umsätzen im Wege einer teleologischen Reduktion des § 10 Abs. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) auf den um die eingezogenen Beträge geminderten Betrag zu reduzieren. Eine festgesetzte Steuer ist im Zeitpunkt der erfolgreichen Einziehung entsprechend § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG zu berichtigen.

StGB § 73 Abs. 1
FGO § 123 Abs. 1, § 126 Abs. 3, § 143 Abs. 2
UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1 Satz 1, § 10 Abs. 1 Satz 1, § 17 Abs. 1 Satz 1
AO § 40
MwStSystRL Art. 78
GG Art. 3 Abs. 1

Hintergrund: Strafrechtlich eingezogene Bestechungsgelder führen, wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 25.09.2024 – XI R 6/23 entschieden hat, umsatzsteuerrechtlich dazu, dass die Bemessungsgrundlage der in strafrechtlicher Hinsicht betroffenen Umsätze auf den um die eingezogenen Bestechungsgelder geminderten Betrag zu reduzieren ist.

Der Kläger hatte als Diplom-Ingenieur nachhaltig und ohne Anweisung seines jeweiligen Vorgesetzten beziehungsweise Arbeitgebers für Auftragserteilungen von beauftragten Unternehmen kostenlose Leistungen, überwiegend für den privaten Hausbau, erhalten. Dafür wurde er vom Landgericht wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr und Steuerhinterziehung zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Zusätzlich wurden die Bestechungsgelder auf gerichtliche Anordnung nach §§ 73 ff. des Strafgesetzbuchs eingezogen. Das Finanzamt (FA) behandelte die "Schmiergeldzahlungen" beziehungsweise die Zuwendungen durch die beauftragten Unternehmen als Entgelte für steuerpflichtige Leistungen und unterwarf sie der Umsatzsteuer. Die vom Kläger geleisteten Zahlungen an die Landesjustizkasse hinsichtlich der eingezogenen Bestechungsgelder minderten aber nach Ansicht des FA nicht die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer.

Dies sah der BFH nun anders. Zwar sind die Bestechungsgelder - obgleich es sich um illegale Zahlungen handelt - neben den sonstigen, dem Kläger für seine Dienstleistungen gewährten Entgelten umsatzsteuerrelevant. Jedoch mindern die eingezogenen Beträge die steuerliche Bemessungsgrundlage. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Gerichtshofs der Europäischen Union ist eine Verminderung in diesen Fällen geboten, da ansonsten der Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes, Art. 20 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union) verletzt wäre; denn es käme zu einer unzulässigen Doppelbelastung des Täters: Zum einen würde der durch die strafbare Handlung erlangte wirtschaftliche Vorteil durch die strafrechtliche Einziehung der Bestechungsgelder abgeschöpft, und zum anderen würden die Bestechungsgelder im selben Umfang der Umsatzsteuer unterworfen. Dabei spielt es keine Rolle, dass der strafrechtlich eingezogene Betrag in der Staatskasse verbleibt und nicht an den leistenden Unternehmer zurückgezahlt wird. Auch eines Verweises auf das Billigkeitsverfahrens, dessen Zulässigkeit im Umsatzsteuerrecht ohnehin unionsrechtlich zweifelhaft ist, bedarf es nicht.

Tenor:

Die Revision wegen Erlass der Umsatzsteuer 2011 bis 2015 wird als unzulässig verworfen.

Im Übrigen wird das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 07.03.2023 - 2 K 2150/21 auf die Revision des Klägers aufgehoben.

Die Sache wird insoweit an das Finanzgericht Berlin-Brandenburg zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des gesamten Verfahrens übertragen.

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