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Quelle:

Bundesfinanzhof
Art des Dokuments: Urteil
Datum: 30.10.2024
Aktenzeichen: II R 18/22

Vorinstanz:

FG Niedersachsen
Art des Dokuments: Urteil
Datum: 05.05.2021
Aktenzeichen: 7 K 208/19

Schlagzeile:

Entgelte für nachträglich vereinbarte Sonderwünsche bei einer noch zu errichtenden Immobilie können der Grunderwerbsteuer unterliegen

Schlagworte:

Bauträger, Festsetzung, Gegenleistung, Grunderwerbsteuer, Grundstückserwerb, Herstellung

Wichtig für:

Steuerberater

Kurzkommentar:

1. Vergütungen für nachträglich vereinbarte Sonderwünsche unterliegen beim Grundstückserwerb mit noch zu errichtendem Gebäude als zusätzliche Leistungen der Grunderwerbsteuer nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes, wenn ein rechtlicher Zusammenhang mit dem Erwerbsgeschäft vorliegt.

2. Dies gilt nicht für Hausanschlusskosten, wenn der Erwerber des Grundstücks zur Übernahme dieser Kosten sich bereits im Grundstückskaufvertrag verpflichtet hat.

3. Die Steuer ist in einem selbständigen Bescheid festzusetzen.

GrEStG § 9 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 105 Abs. 5

Hintergrund: Entgelte für nachträglich vereinbarte Sonderwünsche für eine noch zu errichtende Immobilie unterliegen der Grunderwerbsteuer, wenn ein rechtlicher Zusammenhang mit dem Grundstückskaufvertrag besteht. Sie sind dann nicht in dem ursprünglichen Grunderwerbsteuerbescheid über die Besteuerung des Kaufvertrags, sondern in einem nachträglichen gesonderten Steuerbescheid zu erfassen – so der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 30.10.2024 – II R 15/22. Dies gilt allerdings nicht für Hausanschlusskosten, wenn sich der Grundstückskäufer zur Übernahme dieser Kosten bereits im (ursprünglichen) Grundstückskaufvertrag verpflichtet hat – wie der BFH in einem weiteren Urteil vom selben Tag – Az. II R 18/22 – entschieden hat.

Im Verfahren Az. II R 15/22 kauften der Kläger und seine Ehefrau ein Grundstück, auf dem Eigentumswohnungen zu errichten waren; im Verfahren Az. II R 18/22 erwarb der Kläger ein Grundstück, auf dem eine Doppelhaushälfte gebaut werden sollte. Die jeweilige Verkäuferin verpflichtete sich in den Kaufverträgen auch zum Bau der noch nicht errichteten Immobilien. Nach Beginn der Rohbauarbeiten an den jeweiligen Gebäuden äußerten die Kläger Änderungswünsche bei der Bauausführung gegenüber der Verkäuferin ("nachträgliche Sonderwünsche"). Für diesen Fall sahen die Kaufverträge vor, dass die Käufer Mehrkosten für solche nachträgliche Sonderwünsche zu tragen hatten und nur die Verkäuferin diese umsetzen durfte. Das Finanzamt (FA) hielt die Entgelte für die nachträglichen Sonderwünsche für grunderwerbsteuerpflichtig und erließ entsprechende Steuerbescheide gegenüber den jeweiligen Klägern. Klagen vor dem Finanzgericht blieben erfolglos.

Der BFH gab in den Revisionsverfahren ebenfalls überwiegend dem FA Recht. Nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) gehören auch solche Leistungen zur grunderwerbsteuerlichen Gegenleistung, die der Erwerber des Grundstücks dem Veräußerer neben der beim Erwerbsvorgang vereinbarten Gegenleistung zusätzlich gewährt. Die Vorschrift erfasst jedoch nur zusätzliche Leistungen, die nachträglich gewährt werden; zusätzliche Leistungen, zu denen sich der Käufer bereits bei Abschluss eines Grundstückskaufvertrags verpflichtet, unterliegen schon im Rahmen der Besteuerung des Kaufpreises nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der Grunderwerbsteuer.

Nachträglich vereinbarte Sonderwünsche sind jedoch nur dann steuerpflichtig, wenn sie in einem rechtlichen Zusammenhang mit dem Grundstückskaufvertrag stehen. Diesen rechtlichen Zusammenhang sah der BFH im Verfahren Az. II R 15/22 darin, dass der Kläger verpflichtet war, die Mehrkosten für nachträgliche Sonderwünsche zu tragen und er diese nach den vertraglichen Regelungen nicht ohne weiteres selbst ausführen lassen durfte, sondern die Ausführung der Verkäuferin oblag. Etwas anders verhielt es sich in der Streitsache Az. II R 18/22. Dort war der rechtliche Zusammenhang mit dem Grundstückskaufvertrag für den BFH zwar hinsichtlich der zusätzlich gezahlten Entgelte für die nachträglichen Sonderwünsche "Innentüren, Rolllädenmotoren, Arbeiten und Materialien für Bodenbeläge" dadurch gegeben, dass der Kaufvertrag schon selbst Abweichungen von der Bauausführung nach entsprechender Vereinbarung vorsah. In den "Hausanschlusskosten" hingegen sah der BFH keine nachträglich vereinbarten Sonderwünsche. Die Übernahme dieser Entgelte durch den Kläger wurde nämlich nicht nachträglich vereinbart, sondern ergab sich bereits aus dem Grundstückskaufvertrag selbst.

Tenor:

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 05.05.2021 - 7 K 208/19 aufgehoben.

Der Grunderwerbsteuerbescheid des Beklagten vom 19.02.2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 06.09.2019 wird dahingehend geändert, dass die Grunderwerbsteuer für die sonstigen Leistungen mit Ausnahme der Leistungen für die Hausanschlusskosten (Rechnung vom 31.03.2016 für Trinkwasseranschluss in Höhe von 1.313 €; Rechnung vom 27.06.2016 für RW- und SW-Anschluss in Höhe von 2.000 €; Rechnung vom 08.11.2016 für Neuanschluss von Strom und Gas EWE in Höhe von 2.453,01 €) festgesetzt wird.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Berechnung der Steuer wird dem Beklagten übertragen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens haben der Revisionskläger zu 70 % und der Revisionsbeklagte zu 30 % zu tragen.

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