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Quelle:

Bundesfinanzhof
Art des Dokuments: Urteil
Datum: 18.12.2024
Aktenzeichen: I R 47/21

Vorinstanz:

FG Baden-Württemberg
Art des Dokuments: Urteil
Datum: 14.10.2021
Aktenzeichen: 3 K 589/19

Schlagzeile:

Abkommensrechtliche Betriebsstätte eines Taxiunternehmens in den Räumen einer Taxifunkzentrale

Schlagworte:

Besteuerungsrecht, Betriebsstätte, Doppelbesteuerung, Geschäftseinrichtung, Taxiunternehmen

Wichtig für:

Steuerberater

Kurzkommentar:

1. Eine feste Geschäftseinrichtung liegt abkommensrechtlich (hier: Art. 5 Abs. 1 DBA-Schweiz) vor, wenn sich bei einer Gesamtwürdigung der in Wechselwirkung zueinander stehenden Merkmale der zeitlichen und örtlichen Festigkeit der Geschäftseinrichtung sowie der dauerhaften Verfügungsmacht des Unternehmens über diese Geschäftseinrichtung eine ausreichende Verwurzelung des Unternehmens mit dem Ort der Ausübung der unternehmerischen Tätigkeit ergibt.

2. Die dauerhafte Überlassung personenbeschränkter Nutzungsstrukturen (hier: persönlicher Standcontainer) kann ein Indiz für das Bestehen einer dauerhaften Verfügungsmacht über die Geschäftseinrichtung (hier: Büroraum) sein.

3. Geschäftsleitende sowie unternehmerisch administrative Tätigkeiten, die zentrale Unternehmensfunktionen betreffen, sind keine Hilfstätigkeiten im Sinne des Art. 5 Abs. 3 Buchst. e DBA-Schweiz.

AO § 12
DBA-Schweiz Art. 1, Art. 3 Abs. 1 Buchst. F, Art. 4 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 Buchst. A und e, Art. 7 Abs. 1, Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Buchst. A
FGO § 118 Abs. 2

Hintergrund: Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in zwei Urteilen vom 18.12.2024 – I R 47/21 und I R 39/21 die Voraussetzungen konkretisiert, die im grenzüberschreitenden Sachverhalt im Anwendungsbereich eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung zu einer ausländischen Betriebsstätte führen. Aus einer solchen Betriebsstätte erzielt der Steuerpflichtige in der Regel Einkünfte, die im Inland steuerfrei sind und nur der ausländischen Besteuerung unterliegen.

Im Grundfall I R 47/21 hatte ein in Deutschland lebender Taxiunternehmer (Kläger) aufgrund seiner Mitgliedschaft in einer Schweizerischen Taxifunkzentrale Zugang zu deren Büroraum in der Schweiz. Dieser Raum war mit drei Arbeitsplätzen eingerichtet und stand insgesamt drei Taxiunternehmern zur Verfügung. Der Kläger nutzte den Büroraum (einschließlich eines abschließbaren Standcontainers) für geschäftsleitende Tätigkeiten sowie für die Personalverwaltung seiner angestellten Taxifahrer, die Vorbereitung der laufenden Buchführung, das Rechnungswesen, die Finanzkontrolle sowie die Kontrolle der Einhaltung behördlicher Auflagen.

Der BFH bestätigte die Entscheidung des Finanzgerichts, die Einkünfte des Taxiunternehmers in Deutschland unter Progressionsvorbehalt steuerfrei zu stellen, da in der Schweiz die Voraussetzungen einer abkommensrechtlichen Betriebsstätte erfüllt seien. Hierfür sei die "Verwurzelung" des Unternehmens mit dem im Ausland belegenen Ort der Ausübung der unternehmerischen Tätigkeit maßgebend. Diese Verwurzelung folge aus einer Gesamtwürdigung der in Wechselwirkung zueinander stehenden Merkmale der zeitlichen und örtlichen Festigkeit der Geschäftseinrichtung sowie der dauerhaften Verfügungsmacht des Unternehmens über diese Geschäftseinrichtung. Der persönliche Standcontainer sei insoweit ein Indiz für die dauerhafte Verfügungsmacht über die Geschäftseinrichtung (hier: den Büroraum). Darüber hinaus seien in dem Büroraum nicht nur Hilfstätigkeiten ausgeübt worden. Die Haupttätigkeit eines Taxiunternehmers mit mehreren angestellten Taxifahrern erschöpfe sich nicht allein im Fahren von Taxis zum Zwecke der Personenbeförderung. Vielmehr gehörten hierzu auch die geschäftsleitenden und zentralen unternehmerisch-administrativen Tätigkeiten, die der Taxiunternehmer in dem Büroraum in der Schweiz ausgeübt habe.

In dem Verfahren I R 39/21 ging es um die zeitlichen Voraussetzungen einer abkommensrechtlichen Betriebsstätte. Sowohl für das Innehaben der Geschäftseinrichtung als auch für die unternehmerische Tätigkeit, die in der Geschäftseinrichtung ausgeübt wird, hat der BFH eine Mindestdauer von sechs Monaten festgelegt. Ein Unternehmen, das nur für weniger als sechs Monate existiere, rechtfertige selbst dann keine Ausnahme, wenn die Tätigkeit dieses Unternehmens vollständig in der ausländischen Geschäftseinrichtung ausgeübt worden sei.

Tenor:

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, vom 14.10.2021 - 3 K 589/19 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

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